Kormoran, der gerade eine Fisch frisst.

Kormorane fressen nahezu jede zweite Äsche aus der Traun

Komoran, der einen Fisch frisst.
Komoran, der einen Fisch frisst.

Die aktuelle Studie der BOKU Wien „Integratives ökologisches Gewässermanagement an Traun und Alm“, gefördert durch die Österreichischen Bundesforste, zielt auf eine Verbesserung der fischökologischen Situation an den Gewässern Alm und Traun ab und auf eine nachhaltige Sicherung dieses Zustandes. In diesem Zusammenhang wird auch der Einfluss von fischfressenden Prädatoren untersucht – allen voran der Kormoran – und inwieweit dieser die Äschenbestände dezimiert.

Die Äsche ist ein Lachsfisch, der Flüsse wie die Traun in Oberösterreich prägt. Sie wurde aber teils auf einen Bruchteil der einstigen Bestände dezimiert, erklärte der Wiener Gewässerökologe Kurt Pinter der APA: „Dafür sind primär die Zerstörung natürlicher Gewässerstrukturen und die Nutzung durch Wasserkraftwerke verantwortlich“. Zusätzlich belasten Kormorane die Fischpopulationen, indem sie fast die Hälfte der Äschen aus dem Wasser fressen, wie er kürzlich herausfand.

Die Fische benötigen für ihren Lebenszyklus bestimmte Habitate (Lebensräume), so Pinter, der am Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien forscht. Wichtig wäre zum Beispiel locker gelagerter, gut durchströmter Kies, wo die Eier abgelegt werden und die Larven sich entwickeln können. „Da gibt es im Gebiet der Traun große Defizite“, berichtete er. Zusätzlich leiden die fertig entwickelten Fischlarven dann unter den Pegelschwankungen, die durch die Wasserkraftnutzung entstehen. „Diese können zu einer sehr hohen Sterblichkeit bei den Äschenlarven führen“, so der Forscher.

Jahrzehntelange Diskussionen

Fraglich war bisher, wie groß der Einfluss der Kormorane auf die Äschenbestände ist, sagte Pinter. Darüber diskutieren die Fischer und Vogelkundler seit Jahrzehnten sehr heftig, ohne sich auf fundierte Daten stützen zu können. Er untersuchte dies deshalb an der Traun in einer Studie, die er gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten durchführte. Die Forscher fingen systematisch Äschen (und andere Fische) der Traun und zweier Zubringerflüsse, um ihnen einen Transponder (Funkchip) zu injizieren. Die Forscher setzten die Tiere dann wieder ins Wasser, und suchten zwei Wintersaisonen unter den Schlafbäumen der Kormorane nach den Transpondern. Die Vögel scheiden nämlich die unverdaulichen Reste ihrer Beute als Speiballen wieder aus. Die Wissenschafter konnten dadurch herausfinden, wie viele der 11.000 markierten Fische mit Sicherheit von den Vögeln gefressen wurden.

„Bei der Äsche hatten wir Wiederfundraten von bis zu 30 Prozent“, berichtete Pinter: „Wenn man noch Korrekturfaktoren der Detektionswahrscheinlichkeit berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass teilweise bis zu 50 Prozent der markierten Fische gefressen wurden.

Die Äschenpopulation an der Traun ist durch die diversen Veränderungen in ihrem Lebensraum massiv geschwunden. Vor drei Jahrzehnten konnten dort noch pro Hektar 200 Kilogramm von diesen Fischen nachgewiesen werden, heute sind es nur zwei Kilogramm, berichtete Pinter: „Der Rückgang ist in jedem Fall sehr markant und besorgniserregend.“ Es sei zu befürchten, dass die Äsche langfristig ganz aus dem Gebiet verschwindet.

Lebensraum-Sanierung „an allererster Stelle“

„Um ihre Bestände zu erhalten, müsste man an allererster Stelle den Lebensraum sanieren“, meint der Forscher. „Dazu muss man alle Verursacher der Verschlechterungen auch einmal an den Tisch holen und zur Verantwortung ziehen“, erklärte er. Damit meint er in der Äschenregion vor allem die Wasserkraft-Betreiber. Die gängige Praxis, den Schwund mit gezüchteten Äschen zumindest teilweise auszugleichen, würde nur die Symptome bekämpfen und nicht die Ursachen des Fischschwundes.

Er hält „eine zumindest temporäre Reduktion der Fressfeinde“, also vor allem der Kormorane, für einen gangbaren Weg. Damit könnte man die letzten verbliebenen Wildfische bestmöglich schützen. Denn die Sanierung des Lebensraums bräuchte einige Zeit und die Erfolge würden sich erst in einigen Jahren einstellen. „Das Kormoranproblem ist hingegen akut“, sagte Pinter: „Allerdings bräuchte es dafür europaweit zielgerichtete Maßnahmen, vor allem in den Brutgebieten der Vögel in Nord- und Osteuropa.“ Wenn man etwa in Österreich lokal die Kormorane bejagt, würde dies ihre Zahl nur kurzfristig reduzieren, wenn immer wieder neue Vögel aus dem Norden nachziehen. „Wir sind wegen eines paneuropäischen Forschungsprojekts mit einigen internationalen Kollegen in Austausch“, sagte Pinter.