Der Tiroler Fischereiverband und der Revierausschuss im Bezirk Kitzbühel haben gemeinsam mit einem unabhängigen Fachbüro gravierende Verstöße bei zwei privaten Wasserkraftwerken aufgedeckt. Bei zeitlich versetzten Kontrollen zeigte sich, dass deutlich weniger Restwasser in den Bach abgegeben wurde, als gesetzlich vorgeschrieben. Der Revierausschuss Kitzbühel und ein betroffener Fischereiberechtigter haben deshalb Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck erstattet. Doch Kitzbühel ist leider kein Einzelfall, wie das Land einräumt.
Wenn Kraftwerksbetreiber die vorgeschriebenen Restwassermengen nicht einhalten, hat das fatale Folgen für den Fischbestand und die Artenvielfalt im Bach. Die Bäche trocknen regelrecht aus oder führen viel zu wenig Wasser und bieten Fischen, Wasserinsekten und Amphibien keinen Platz mehr zum Überleben. Hinzu kommt, dass die behördlich geforderten Fischaufstiegsanlagen nur funktionieren können, wenn genügend Wasser im Bach verbleibt. „Jetzt, wo die Forellen bald mit der Fortpflanzung beginnen, zählt jeder Tropfen Wasser“, sagt Andreas Schiechtl, Landesobmann des Tiroler Fischereiverbandes. „Die Forellen brauchen in dieser Zeit genügend Wasser, damit sie geeignete Plätze für die Eiablage aufsuchen können und ihr Nachwuchs nicht austrocknet“, stellt Andreas Schiechtl klar.
Einer der betroffenen Fischereiberechtigten, Rechtsanwalt Dr. Emilio Stock, will im Fall der beiden privaten Kraftwerksbetreiber im Bezirk Kitzbühel nicht mehr an Versehen oder Nichtwissen glauben: „Im März und dann noch einmal im Juni wurden mit einem Ökologiebüro die Restwassermengen kontrolliert und massive Unterschreitungen festgestellt. Hier werden offensichtlich behördliche Umweltauflagen missachtet, die Umwelt geschädigt und zeitgleich der private Profit mit dem Kraftwerk erhöht.“ Die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft soll jetzt Bewegung in die Sache bringen und dafür sorgen, dass die Betreiber zur Verantwortung gezogen werden und die betroffenen Bäche endlich dauerhaft genügend Wasser erhalten.
Kitzbühel ist kein Einzelfall
Behördliche Umweltauflagen lassen offensichtlich immer mehr Kraftwerksbetreiber in Tirol völlig kalt. Amtliche Kontrollen haben schon vor Jahren ein erschreckendes Ergebnis gezeigt: 50 Prozent, also die Hälfte(!), aller vom Land Tirol kontrollierten Kraftwerksbetreiber hat im Jahr 2022 zu wenig Restwasser in den unterhalb liegenden Bach bzw. Fluss abgegeben. Das bestätigt das Land Tirol auf Anfrage des Tiroler Fischereiverbandes. Somit wurde zu wenig Wasser im Bach belassen und zu viel Wasser für die Stromproduktion entnommen. Für den Tiroler Fischereiverband ein untragbarer Zustand, dem Politik und Behörden schnellstmöglich Einhalt gebieten müssen.
Ökologisierung der Kraftwerke muss jetzt erfolgen

Bevor am laufenden Band neue Kraftwerke errichtet werden, müssen aus Sicht des Landesfischereiverbandes zunächst die Altlasten saniert und Umweltauflagen eingehalten werden.
„Die von uns mehrfach geforderte Ökologisierung der Wasserkraftwerke liegt nach wie vor im Argen. Es ist völlig unverständlich, dass der Umweltstandard bei der Restwassermenge nicht schon längst bei allen Kraftwerken vorgeschrieben ist und auch für die Einhaltung dieser gesorgt wird“, bedauert Andreas Schiechtl.
Auch hier bestätigt das Land Tirol klare Zahlen (Stand 2023): Bei 192 Restwasserstrecken bei einem Einzugsgebiet größer 10 km2 gibt es noch nicht einmal eine Vorschreibung bezüglich der ausreichenden Restwassermenge! So zum Beispiel am Weißenbach in Reutte (links).
Facts
- Bäche und Flüsse können ihre vielfältigen Funktionen und Ökosystemdienstleistungen nur dann erfüllen, wenn ausreichend Wasser in den Bachbetten vorherrscht.
- Deshalb gibt es nationale und europarechtliche Vorgaben, dass bei Wasserentnahmen (z.B. zur Energieproduktion) immer eine gewisse Wassermenge im Bach verbleiben muss (das sogenannte Restwasser).
- In Tirol gibt es leider eine Vielzahl an alten Wasserkraftwerken, die noch kein oder kein ausreichendes Restwasser abgeben.
